Informationen zu der EU-Kommunalabwasserrichtlinie in Deutschland

Die "Richtlinie des Rates vom 21. Mai 1991 über die Behandlung von kommunalem Abwasser (91/271/EWG)" (Online, PDF) verlangt von den Mitgliedstaaten, dass in Siedlungsgebieten (Agglomerationen) mit einem Abwasseranfall von mehr als 2.000 Einwohnerwerten (EW) das Abwasser in Kanalisationen gesammelt und biologisch behandelt werden muss. Siedlungsgebiete sind dabei definiert als:

…Gebiete, in welchen Besiedlung und/oder wirtschaftliche Aktivitäten ausreichend konzentriert sind für eine Sammlung von kommunalem Abwasser und eine Weiterleitung zu einer kommunalen Abwasserbehandlungsanlage oder einer Einleitstelle.

Der sogenannte Einwohnerwert (EW) ist eine Maßeinheit für die organisch-biologisch abbaubare Belastung, die der durchschnittlichen Verschmutzungsbelastung je Einwohner und Tag entspricht.

Die in der Richtlinie festgesetzte Frist für den vollständigen Anschluss der Siedlungsgebiete mit mehr als 2.000 EW an die Kanalisation war der 31. Dezember 2005. In Siedlungsgebieten mit mehr als 10.000 EW, die sich im Einzugsbereich empfindlicher Gebiete wie Nord- und Ostsee befinden, muss zumindest eine Zweitbehandlung des Abwassers gewährleistet sein (Entfernung von Phosphor und Stickstoff). Derzeit berichten die Mitgliedstaaten der EU Kommission alle 2 Jahre über den Stand der Umsetzung der Richtlinie. In Deutschland werden die Daten für die Berichterstattung über die Länder und das UBA an die EU übermittelt. Dort werden die Daten nach einer Prüfung der Einhaltung der Anforderungen der Richtlinie im WISE (Water Information System of Europe) veröffentlicht.

Die Berichterstattung erfasst sowohl Informationen zu den Siedlungsgebieten (Agglomerationen) > 2.000 EW, den Kläranlagen, die das Abwasser aus den Siedlungsgebieten reinigen und deren Einleitstellen (Übergang des gereinigten Abwassers in bspw. Oberflächengewässer). Auf Grund der schwierigen Abgrenzung der Siedlungsgebiete berichtet Deutschland die Siedlungsgebiete als Kläranlage (1:1). Das bedeutet, ein Siedlungsgebiet entspricht dem Einzugsgebiet einer Kläranlage. Für die Bereitstellung der Daten sind die einzelnen Bundesländer verantwortlich. Innerhalb der Bundesländer werden die notwendigen Daten in den entsprechenden Landesämtern zusammengestellt, geprüft und an das Umweltbundesamt übermittelt. Das Umweltbundesamt prüft nochmals die Länderdaten und führt diese in einer Datenbank zu einem einheitlichen “Bundesdatensatz“ zusammen, der an die EU berichtet werden kann.

Siedlungsgebiete

Für die Siedlungsgebiete muss entsprechend der Anforderungen der Richtlinie berichtet werden in welchem Umfang das anfallende Abwasser in Kanalisationssystemen gesammelt und einer Behandlung zugeführt wird.

Kommunale Kläranlagen (KA)

Kommunale Kläranlagen reinigen zentral:
  • das in Haushalten anfallende Abwasser,
  • industrielles und gewerbliches Abwasser, welches in die öffentliche Kanalisation oder die Kläranlage eingeleitet wird und
  • Regenwasser und Fremdwasser welches in die Kanalisation gelangt.
Für die kommunalen Kläranlagen werden ebenfalls entsprechend den Anforderungen der Richtlinie Daten erhoben, bspw.:
  • Name und Lage der kommunalen Kläranlage
  • Größe der kommunalen Kläranlagen
  • Art der Abwasserreinigung
  • Einhaltung der Anforderungen
  • Stickstoff- und Phosphorfrachten im Ablauf der kommunalen Kläranlagen

Auf Grund unterschiedlicher Ausgangsbedingungen (unterschiedliche Berichterstatter, unterschiedliche Bezugszeiträume, unterschiedliche Bezugsgrößen etc.) können die Daten für den Berichtsgegenstand voneinander abweichen.

Beispiel: Kommunale Kläranlagen unter der Kommunalabwasser-Richtlinie – kommunale Kläranlagen unter PRTR (Pollutant Release and Transfer Register)
Merkmal Kommunalabwasserrichtlinie PRTR
Berichtsgegenstand Kläranlagen (KA), die das Abwasser aus Siedlungsgebieten behandeln Betriebe i.d.R. der Branche: Abfall und Abwasserwirtschaft, der Tätigkeit: kommunale Abwasserbehandlungsanlage > 100.000 Einwohnergleichwerte1
Fälligkeit der Berichtspflicht alle kommunalen KA, die das Abwasser aus Siedlungsgebieten > 2.000 EW behandeln KA > 100.000 EW, bei der zumindest ein Schwellenwert der in Anhang II der PRTR-Verordnung festgelegten 71 Wasserschadstoffe überschritten wird
Berichtskette Bundesländer – UBA – EU Kommission Betreiber von Betriebseinrichtungen – Bundesländer – UBA – EU Kommission
Informationen zu Nährstoffen Gesamtstickstoff- und Gesamtphosphorfrachten im Berichtsjahr am Anlagenablauf Falls Schwellenwerte nach Anhang II der PRTR-Verordnung im Berichtsjahr am Anlagenablauf überschritten sind, werden Freisetzungen von Gesamtstickstoff- und Gesamtphosphorfrachten angegeben
Berichtszyklus zweijährig jährlich
Bestimmungsverfahren Anhang III PRTR-VO
Namen teilweise Verwendung unterschiedlicher Betriebsnamen
Informationen zu Schwermetallen Keine Falls Schwellenwerte nach Anhang II der PRTR-Verordnung im Berichtsjahr am Anlagenablauf überschritten sind, werden Freisetzungen von As, Pb, Cd, Cr, Cu, Ni, Hg, Zn in Gewässer angegeben
Informationen zu organischen Schadstoffen Keine Falls Schwellenwerte nach Anhang II der PRTR-Verordnung im Berichtsjahr am Anlagenablauf überschritten sind, werden Freisetzungen verschiedener organischer Stoffe in Wasser veröffentlicht, z.B. AOX, Dichlormethan, PCP, DEHP, Nonyl­phenol und -Ethoxylate, PAK, Phenole, u.a.
1 Für die deutsche Fassung der E-PRTR-VO wurde "population equivalent" (engl.) fälschlicherweise mit "Einwohnergleichwert" übersetzt. Die beiden Begriffe "Einwohnergleichwert" und "Einwohnerwert" sind synonym zu verwenden.

Betreiber von kommunalen Kläranlagen müssen die Daten zu Freisetzungen an das PRTR nur dann berichten, wenn mindestens ein Schwellenwert der in Anhang II der PRTR-Verordnung genannten 71 Wasserschadstoffe überschritten wird.

Im entsprechenden Betrieb wurde in einem Jahr mindestens ein Schadstoffschwellenwert überschritten und im Folgejahr ggf. nicht mehr.

Im entsprechenden Betrieb wurden entweder einer oder beide Schadstoffschwellenwerte für „Freisetzung in Wasser“ für Gesamtstickstoff ( 50.000 kg/Jahr) oder Gesamtphosphor (5.000 kg/Jahr) nicht überschritten.

Der Betrieb meldet keine „Freisetzungen in Wasser“ sondern z.B. nur „Verbringung von nicht gefährlichen Abfällen“
Mögliche Gründe:
Diese Betriebe überschreiten nicht die Schadstoffschwellenwerte für „Freisetzung in Wasser“, wohl aber den Mengenschwellenwert zur „Verbringung nicht gefährlicher Abfälle“ von 2.000 Tonnen/Jahr.

Diese Kläranlage behandelt vorrangig industrielles Abwasser und die Behandlung des kommunalen Abwassers erfolgt hingegen als Nebentätigkeit. An das PRTR wird die relevante industrielle Tätigkeit als Haupttätigkeit berichtet. Im o.a. Fall könnte dies z.B. die Chemische Industrie betreffen. Die im Rahmen der Abwasserverordnung angegebenen Frachten zu N und P können sich entsprechend auf den kommunalen Abwasseranteil beziehen, während sich die Angaben im PRTR immer auf die industrielle Haupttätigkeit des Betriebes beziehen.